Der Schlumperbach und rekordverdächtige Bauwerke am Störmthaler See

Ein Beispiel für Ressourcenverschwendung auf höchstem Niveau. - Aufgrund der unbegreiflichen Skurrilität war kein ernsthafter Beitrag möglich und gab uns Anlass, die Rubrik "Karla Kolumne" zu eröffnen.

Die Geschichte eines Lieblingssees – ein Schmunzler am Rande der Realität

 

Noch in den 90er Jahren kreischten die Bagger im Tagebau Espenhain und keiner verschwendete auch nur einen Gedanken daran, der Region südlich von Leipzig einen Rang auf der Hitliste der Naherholung einzuräumen. Vielmehr war denen Achtung zu zollen, die trotz hoher Umweltverschmutzung und damit einhergehenden Nebenerscheinungen wie Atemwegserkrankungen der Heimat treu blieben. Bewohner devastierter Ortschaften, an die heute stellvertretend die „schwimmende Kirche“ VINETA erinnert, hatten sich mit neuen Heimatangeboten abgefunden oder angefreundet. Nach 1992 folgte die Zeit der neuen Abenteuer: Seenentwicklung und Aufbauarbeit, Wiederbelebung und Perspektivenvermittlung. Und mit zunehmender Gestaltgebung einer neuen Landschaft auch die Abenteurer, die investieren wollen. Heute freut sich die Gemeinde Großpösna über den 1. Platz des Störmthaler Sees auf der Rangliste der Lieblingsseen Sachsens 2017. Wie die LVZ am 03.05.2018 berichtete, trafen 100.000 Besucher des Votingportals aus 2000 Seen ihre Wahl. Lagovida-Hoteldirektorin Sandy Locher wird zitiert mit der Aussage, es sei schon immer ihr Lieblingssee, da er nicht so verbaut sei. Hauptamtsleiter Strobel spricht von einer Weiterverfolgung des "bisher eingeschlagenen Wegs“. – Im Hintergrund abgebildet Lagovida: ein Hotelkomplex mit angrenzenden Urlaubsbungalows und neuerdings auch kaufbaren Urlaubswohnungen, mit Wohnmobilstellplätzen, Seglerhafen und einer komfortablen Parkfläche unmittelbar vor dem Hotel und an der Uferkante mit unverbaubarem Blick auf den See für Pkw`s. Baubemühungen in diesem Ressort lassen für Naturliebhaber, die sich perspektivisch hochgerechnet mit Erholung Suchenden aus 90 Ferienwohnungen, 36 Doppelzimmern und 90 Wohmobilstellplätzen ca. 66.000 qm teilen wollen, keine Wünsche offen: Sicher befestigte Wege, kurze Distanzen bis zum Ausflugsdampfer, sich den Wind um die Nase wehen lassen beim Jetski, Gas geben mit ausleihbaren Motorbooten.

Der Weg zur weiteren Entwicklung ist klar. Ob es wie beschrieben „der richtige Weg“ ist, wenn doch gerade Menschen dem See ihre Stimme geben, die sich an unverbauten Ufern und Grün erfreuen wollen, bleibt fraglich.

 

Gefragt wird jedoch nicht – zumindest nicht die Anwohner. Es werden ästhetische Maßstäbe aus der Sicht Einzelner, natürlich absolut demokratisch über die Ortschaftsvertreter abgestimmt, zur Seenentwicklung angesetzt. Ein weiteres Highlight zum nicht zu übertreffenden Feingefühl und Augenmaß in der Verwendung öffentlicher Mittel ist der Bau der Wassereinspeisung des Schlumperbaches in den See am Störmthaler Ufer. Wie die LVZ vom 29.06.2018 berichtete, hatte die Gemeinde Großpösna auf einer "sich gut in die Landschaft einfügenden Kaskadenlösung" anstelle einer schlichten Wassereinleitung bestanden. Umfangreiche Beton- und Stahlbetonarbeiten waren erforderlich, um das Gefälle der schier unüberwindbaren 35 Meter zur Seefläche zu überwinden, ca. 215 qm wurden mit „Theumaer Schiefer“ verblendet. Das Bauwerk verspricht schon jetzt ein echter Hingucker zu werden, denn wegschauen wird man nicht können. Vielleicht fällt es für manche Touristen auch unter die Rubrik „Ist das Kunst oder kann das weg?!“, denn ein Fließgewässer wird sich schwer finden lassen. Ein Schlumperbach schlumpert für gewöhnlich wohl doch eher, als sich zu entschließen, als rauschender Bach in die See zu stürzen. Möglicherweise dient es jedoch aber auch vorbereitend dem abfließenden Wasser eines Gletschers, der kommunikativ zwischen Entscheidungsträgern der Gemeinde Großpösna und Anwohnern zum Schmelzen gebracht werden kann. Auf derart losgelöste Wassermassen dürfte man sich dann freuen. Möglicherweise ist es aber auch nur die Vorbereitung eines der weiteren touristischen Angebote in der Reihe derer, die die Naturbelassenheit des Sees unterstreichen sollen. So werden die Kaskaden vielleicht schon bald als wunderbarer Eiskanal genutzt werden, um auch des Winters Attraktionen für Nah und Fern bereit zu halten. Oder? Nein, es könnte auch die Basis für den nächsten Trocken-Canyoning-Wettbewerb werden!